Caritasverband für die Diözese Speyer
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Sich aus der Gleichgültigkeit unserer Gesellschaft heraus bewegen
„Das Thema Tod sollte nicht länger tot geschwiegen werden, da muss unbedingt viel drüber gesprochen werden“, sagt Benita Klar, die gerade ihr Zertifikat für den Kurs Ehrenamtliche Sterbebegleitung erhalten hat. Vor allem sei es auch an der Zeit, dass niemand mehr allein sterben muss. Die Hasselerin hat seit Januar an dem Kurs teilgenommen, der seit 2003 vom Ökumenischen Hospizdienst Saarpfalz und der Katholischen Erwachsenenbildung (KEB) angeboten wird.
Neun Teilnehmerinnen und ein Teilnehmer waren freiwillig dazu bereit, jeden Dienstagabend und so manchen Samstag dafür zu opfern, um Kompetenzen in der Begleitung Sterbender zu erlangen. Mit der Zertifikatsübergabe in der Begegnungsstätte des Caritas-Zentrums St. Ingbert erhielten die Kursteilnehmer jetzt den krönenden Abschluss der Ausbildung.
Klars Motivation für dieses Ehrenamt lag darin, dass sie selbst ihren Mann vor zwei Jahren auf dem letzten Weg begleitete. Es sei nur ein kurzes Gespräch gewesen, das sie in einer Klinik mit einer Helferin hatte - „aber das hat mir so gut getan!“ So gut, dass Klar selbst auch gerne etwas zurückgeben wollte an Menschen, die diese Lebensphase durchlaufen. Das Wichtigste dabei sei, erstmal den Betroffenen zuzuhören, meint sie.
Auch Alexandra Hambitzer aus Ottweiler begleitete schon mal einen ihr nahestehenden Menschen bis zum Tod. „Die Umstände haben mir nicht so gut gefallen.“ Sicherlich hätten alle Beteiligten ihr Bestes getan. „Aber ich dachte, wenn man besser darüber informiert gewesen wäre, was es alles an Angeboten gibt, hätte das noch ein bisschen schöner ablaufen können.“ Im Kurs selbst erfuhr Hambitzer, dass in Saarbrücken letztes Jahr über 200 Menschen alleine gestorben oder beerdigt worden seien. „Mir ist das wirklich eine Herzenssache mittlerweile, dass man daran was ändern kann.“
Ein Bericht in der Saarbrücker Zeitung über Beerdigungen ohne Angehörige brachte den einzigen Mann im Kurs dazu mitzumachen. Andreas Kaden aus St. Ingbert hatte sowieso schon länger vor, sich ehrenamtlich zu engagieren. Zur Ausbildung gehört auch ein Praktikum: Kaden fuhr darin bei der spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) mit. Er bekam dabei auch die medizinische Seite der Betreuung mit wie etwa Wundversorgung oder Medikamentengabe. In ein paar Wochen finde dann ein Gespräch mit der Kursleiterin Gabriele John-Neumann statt - dann werde geschaut, ob es gerade einen passenden Fall von Sterbebegleitung für Kaden gebe.
Zur Zertifikatsübergabe war auch Barbara Aßmann gekommen, die eine Doppelfunktion besitzt als Vorsitzende der Ökumenischen Hospizhilfe Pfalz/Saarpfalz und als Diözesan-Caritasdirektorin. Sie sagte in ihrer Ansprache, dass sie den ganzen Tag schwierige Verhandlungen habe führen müssen, sich aber auf den Abendtermin mit der Zertifikatsübergabe sehr gefreut habe. Es sei nämlich alles andere als ein trauriger Anlass. „Das Ehrenamt in der Hospizhilfe, das geht an die Grenze, nämlich an die Grenze des Lebens. Uns als Christen ist es ja auch wichtig, den Menschen Zutrauen zu schenken, Zeit zu schenken und ihnen deutlich zu machen: Wir sind da bis zuletzt.“ Aßmann bedankte sich sehr herzlich bei den Kursteilnehmern für deren Bereitschaft, genau das zu tun.
Das tat natürlich auch der Leiter des Caritas-Zentrum Saarpfalz, Andreas Heinz. Er betonte den Mut der Teilnehmer, sich „aus der Gleichgültigkeit unserer Gesellschaft“ heraus zu bewegen. „Das ist einfach etwas Tolles, etwas Wunderbares.“
Schon seit Beginn des Kurses ist die Katholische Erwachsenenbildung mit dabei. Deren Leiterin Gertrud Fickinger erzählte von den Anfängen, als sie von Leuten aus dem Saarpfalz-Kreis angesprochen wurde. Die hatten von einem solchen Angebot in Ludwigshafen gelesen und gefragt: Warum gibt es das nicht bei uns? Das stieß bei Fickinger auf offene Ohren. „Ich bin als Theologin der Überzeugung, dass es wichtig ist, sich mit dem Thema Tod und Sterben auseinanderzusetzen.“ Der Tod sei das einzig Sichere im Leben. Außerdem stehe auch fest: „Was ist wirklich wichtig, wenn es uns richtig mies geht? Dass einer da ist!“
Beglückwünscht wurden die Kursteilnehmer auch von Antoaneta Doggendorf. Sie ist die neue Vorsitzende des Hospizvereins, der den Kurs bezuschusst. Kursleiterin John-Neumann, die auch stellvertretende Leiterin des Caritas-Zentrum Saarpfalz und Koordinatorin des Hospizdiensts ist, überreichte den Absolventen eine Papiertüte mit „besonderen Dingen" darin, die das Leben reicher machen: Die Sonne (Sonnenblume), Carpe Diem (eine Kerze), Nächstenliebe (Pflaster), etwas Süßes (Honig) und was Duftendes (Aromaöl).“ Sie meinte, im Kurs sei immer eine Dankbarkeit, ein gutes Miteinander und eine gewisse Achtsamkeit spürbar gewesen. Und es ist das gute Leben, um das es geht. Bis zuletzt.
Als Ausblick wies John-Neumann auf die Hospiztage in Homburg hin. Zu deren Eröffnung wird Professor Sven Gottschling am 30. September einen Vortrag halten zum Thema „Schmerzen, Angst und Einsamkeit am Lebensende - Was können wir tun?“
Text und Bild: Sebastian Dingler