Caritasverband für die Diözese Speyer
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04. März 2024

“Seit ich male, fühle ich mich wieder wohl“  

Dieter Marz, Bewohner des Caritas-Altenzentrums St. Elisabeth,  stellt seine Bilder aus in der Ludwigstraße 22
 

Zeichnen hat Dieter Marz, der seit acht Jahren im Caritas-Altenzentrum St. Elisabeth wohnt, die Lebensfreude zurückgegeben. Nun ist sein größter Wunsch in Erfüllung gegangen: Er hat eine eigene Ausstellung. Den ganzen März sind seine Bilder im Kunst-Schaufenster mitten in Germersheim zu sehen. 
 

Die Freude ist dem 87-Jährigen anzusehen, als er mit einer kleinen Gruppe des Altenzentrums vor dem Schaufenster steht und ihnen die Motive seiner Bilder erklärt. Da sind Bilder von Menschen aus seiner Umgebung, die er ins Herz geschlossen hat und Zeichnungen, die Stationen in seinem eigenen Leben zeigen. Das Schiff, in dem er einst als Schiffsjunge gearbeitet hat und Ansichten seines Heimatortes Jockgrim. Die meisten der Buntstiftzeichnungen zeigen aber Ansichten aus Germersheim. Er hat die Geschichte des Ortes festgehalten. „Diese Burg aus dem Jahr 1640 ist das erste Gebäude, daraus entstand Germersheim“, erklärt er. 
 

Andere Bilder zeigen Szenen aus der Festungszeit, eine Truppe Soldaten des 17. Regiments von König Ludwig, die Industriebetriebe, die sich später angesiedelt und die Wirtschaft gestärkt haben. „Germersheim ist eine schöne Stadt“, findet Dieter Marz. Kein Wunder also, dass Touristen aus ganz Europa hierherkommen. Auch das hat er festgehalten. Die ganzen Sehenswürdigkeiten der Stadt sowieso. Neben den Buntstiftzeichnungen stellt er auch Acrylbilder aus, die er früher gemalt hat. 
 

Dieter Marz war nicht immer so gut gelaunt wie heute. Bis vor einem dreiviertel Jahr hat er die meiste Zeit des Tages vor dem Fernseher verbracht und hatte nicht mehr viel Freude am Leben. Sein größtes Hobby, das Zeichnen, hatte er längst aufgegeben. „Das hat mein Vater mir und meinem Bruder schon als Kinder beige-bracht“, erzählt Dieter Marz. 
 

Während seines sehr bewegten Berufslebens mit vielen interessanten Stationen fand er nicht viel Zeit zum Malen. Doch bei einem längeren Reha-Aufenthalt hat er die Freude an der Malerei wiederentdeckt und fortan wieder zu Stiften und Pinsel gegriffen. „Da war ich so um die 50“, schätzt er. Nach der Pensionierung hat er in Rülzheim ehrenamtlich mit Bürgern gebastelt. „Als er dann bei uns eingezogen ist, hat er nicht gemalt“, erinnert sich Kirstin Fischer, Bereichsleiterin Sozialer Dienst. Kurz ist die alte Leidenschaft noch einmal aufgeflackert, als er zusammen mit seinem ehrenamtlichen Betreuer, Tony Tranter-Krstev, Bilder aus seinem Leben für seine Memoiren gemalt hat, doch dann war Pause. „Irgendwie war ich beleidigt, hab abgeschaltet“, beschreibt es Dieter Marz.
 

Mitte letzten Jahres wollte er dann sein Zimmer aufräumen und hat dabei die Sachen, die er beim Einzug mitgebracht hat, durchgesehen und die Stifte und Papier gefunden. Wenig später saß er, wie so oft, nach einem Einkaufsbummel mit Eylem Ok-Yildirm, Mitarbeiterin der sozialen Betreuung, mit einer Cola auf dem Platz vor dem goldenen Brunnen und hat ihr davon erzählt. „Ich habe ihn gefragt, warum er nicht mehr malt“, erzählt Eylem Ok-Yildirm. „Na dann werden es zittrige Bilder“, hat Dieter Marz geantwortet. „Macht doch nichts, du könntest ja mal mich malen“, schlug sie vor. „Eylem war mein erstes Portrait“, erzählt Dieter Marz. Damit war der Stein ins Rollen gebracht. Marz hat alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gemalt, tauchte mit seinen Stiften sogar in der Verwaltung und im Friseursalon auf und malte Portraits. Dann begann er Alltagsszenen im Altenzentrum festzuhalten, und schließlich Motive aus ganz Germersheim. Mit Eylem Ok-Yildirm war Dieter Marz in der Tourismus-Information und hat sich Tipps und Bilder zu Sehenswürdigkeiten geben lassen.  Wann immer er konnte, hat er gemalt. „Ich konnte nachts nicht schlafen, weil mir die Beine weh getan haben. Morgens um 4 Uhr habe ich angefangen zu malen“, erzählt er.
 

Bald träumte er von einer Ausstellung im Altenzentrum. Doch es kam noch besser. Monika Meister, Mitarbeiterin der Sozialen Betreuung, erfuhr, dass die Stadt Germersheim Künstlern die Möglichkeit bietet, einen Monat lang im Schaufenster eines ehemaligen Schuhladens in der Ludwigstraße 22 auszustellen und hat Dieter Marz angemeldet. Für ihn war dann kein Halten mehr. „Er hat uns To-Do-Listen geschrieben, was wir vorbereiten müssen und was wir brauchen“, erzählt Kirstin Fischer. "Ohne die Hilfe unserer ehrenamtlichen Mitarbeiter wäre das gar nicht machbar gewesen." Die Bilder sind nun den ganzen März über zu sehen. 
 

„Seit ich wieder male, fühle ich mich wieder wohl. Es ist schön, endlich wieder eine sinnvolle Tätigkeit zu haben“, sagt Dieter Marz und denkt schon an das nächste Projekt. Er will auf seinen Spaziergängen in Germersheim Passanten fragen, ob er sie malen darf.
 
 
Text und Fotos: Dr. Christine Kraus für den Caritasverband für die Diözese Speyer
 

Bild 1: Dieter Marz beim Zeichnen.
Bild 2: Dieter Marz erklärt die Motive seiner Bilder im Kunstschaufenster.
Bild 3: Eine Gruppe aus dem Caritas-Altenzentrum St. Elisabeth vor der Ausstellung.
Bild 4: Dieter Marz mit seiner Muse Eylem Ok-Yildirm beim Betrachten seiner Bilder.
Bild 5: Dieter Marz mit Kirstin Fischer und Eylem Ok-Yildirm.