Caritasverband für die Diözese Speyer
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Hoher Besuch am Mittwochvormittag im St. Ingberter Treff für Wohnungslose „Treff em Gässje“. Saarlands Sozialminister Magnus Jung (SPD) besuchte die Stätte während seiner Sommertour. Und auch im Seniorenbus ist der Mann aus der saarländischen Politikriege mitgefahren.
„Es ist sehr gut, dass es eine solche Einrichtung in St. Ingbert gibt“, zieht Jung nach einem Rundgang durch den „Treff em Gässje“ sein Fazit. Obdachlosigkeit, Wohnungsnot und ähnliche für Menschen prekäre Lebenssituationen sind laut dem Minister oftmals in der Gesellschaft „unsichtbar“. Die Gründe für Wohnungslosigkeit sind extrem verschieden, zudem ist bei Betreuern oft ein langer Atem gefordert, um Menschen wieder in einen geregelten Alltag zu führen. „Das ist keine einfache Arbeit, und da gibt es auch keine schnellen Erfolge“, kommentiert Jung.
Den „Treff em Gässje“ gibt es laut Matthias Schappert seit 26 Jahren. Mittlerweile ist die Einrichtung fest ins St. Ingberter Stadtleben integriert, viele Besucher sind Stammkunden, das Verhältnis zueinander ist stark familiär. Derzeit ist der Treff voll ausgelastet, sagt Schappert beim Ministerbesuch. „Die Inflation spüren wir stark, viele Gäste kommen wegen des günstigen Mittagessens vorbei.“ Geführt wird der Treff von einer Handvoll hauptamtlicher Mitarbeiter, der Großteil der Helfer wirkt im Ehrenamt mit. „Noch haben wir genug Ehrenamtliche“, so Schappert. Ob das aber in den kommenden Jahren noch so sein wird - immerhin sind viele Ehrenamtliche bereits im Rentenalter - weiß Schappert nicht. Entsprechend wichtig ist es für ihn, auch in Zukunft Menschen fürs Ehrenamt begeistern zu können. Die Einführung eines Pflicht-Zivildienstes ist für Sozialminister Jung hierfür aber nicht die ideale Lösung. „So etwas wieder einzuführen, kostet den Bund Milliarden.“ Jung spricht sich vielmehr dafür aus, Programme wie den Bundesfreiwilligendienst und Freiwillige Soziale Jahre (kurz: FSJ) stärker zu fördern. Das, so Jung, käme nicht nur den Bund günstiger, es sorgt auch dafür, dass die ehrenamtlichen jungen Leute ihre Arbeit auch mit Begeisterung ausführen. Werde hingegen jemand zum sozialen Dienst verpflichtet, sei die Arbeitsmoral laut dem Sozialminister entsprechend gering.
Der „Treff em Gässje“ ist laut Schappert nicht nur eine Begegnungsstätte für die Menschen. Neben dem Essensangebot gibt es Duschen, eine Waschmaschine, die Kleiderkammer und sogar eine kleine Werkstatt. „Hauptsächlich werden dort Fahrräder repariert, wir haben aber auch schon Vogelhäuschen und so Sachen gebaut“, kommentiert Schappert. Die Lebensmittel fürs Mittagessen sind übrigens zu 90 Prozent gespendet. Einen festen Speiseplan gibt es daher nicht, die Küchenfeen zaubern jeden Tag etwas daraus, was gerade da ist. Bei den Lebensmittelspenden geht es laut Schappert nicht nur darum, Kosten einzusparen. „Wir retten somit auch Essen vor der Tonne.“
Und die Caritas bietet in St. Ingbert Wohnungslosen eine Postanschrift an. Laut Schappert ist das essentiell für Anträge bei Sozialämtern und somit für eine Krankenversicherung. Bei der Caritas in St. Ingbert sind derzeit rund 60 Postanschriften registriert, in Homburg sind es sogar um die 80. Über diese hohe Anzahl ist Jung laut eigenen Aussagen zwar nicht überrascht, „es sind aber weitaus mehr, als die Leute erwarten würden und etwas, das uns nicht kalt lassen kann.“ Im St. Ingberter Caritas-Zentrum gibt es für Senioren zudem den sogenannten „Seniorenbus“. Auch in diesem ist Jung eine Runde mitgefahren und mit den Fahrgästen - ebenfalls größtenteils Stammkunden - ins Gespräch gekommen. Das Angebot des Seniorenbusses richtet sich an Ältere, die nicht mehr mobil sind, dennoch aber regelmäßig mal zum Arzt oder Supermarkt müssen. Der Sozialminister wirbt dafür, dass es mehr solcher Angebote geben muss, weil es mit Blick in die Zukunft auch immer mehr ältere Menschen geben wird.
Die Erfahrungen aus dem St. Ingberter „Treff em Gässje“ sollen nun für eine weitere Begegnungsstelle dieser Art genutzt werden. Im Detail ist in Homburg ein ähnliches Projekt geplant. Dort soll das Pfarrheim der Kirche St. Michael in einen Treff für Wohnungslose umgebaut werden. Derzeit, so Schappert, wird der Investitionsplan für das Gebäude entwickelt. Sowohl das Land, der Kreis als auch die Stadt haben sich für den Tagestreff ausgesprochen. Schappert rechnet mit ungefähren Investitionskosten von 50.000 bis 70.000 Euro. Allerdings sollen auch die künftigen Besucher in die weitere Renovierung einbezogen werden, etwa hier und da mal eine Wand streichen. Somit werde auch die Verbindung der Besucher zum Tagestreff gestärkt, das familiäre Gefühl, der Zusammenhalt der Menschen und somit das gegenseitige Vertrauen wachsen.
Bildtext: Sozialminister Magnus Jung packt im „Treff“ selbst mit an.; Die Küchenfeen zusammen mit dem Minister, von links: Anni Meister, Elvira Stergel, Magnus Jung, Judith Klement