Caritasverband für die Diözese Speyer
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28. November 2022

Elefanten, Blumen und Silberbesteck auf dem Zaubertisch 

Dietmar-Hopp-Stiftung spendet Caritas-Altenzentrum St. Martha eine Tovertafel – Digitale Spiele aktivieren Senioren und machen Spaß 

 

Eine Spielkonsole im Seniorenheim? So etwas würde man eher in einem Jugendzimmer vermuten. Aber wer sagt denn, dass alte Menschen keinen Spaß an digitalen Spielen haben? Ein Besuch im Gymnastikraum des Caritas-Altenzentrum St. Martha in Speyer zeigt, mit welcher Freude und Ausdauer die Bewohnerinnen und Bewohner spielen und welche positiven Effekte Mitarbeiterinnen dabei beobachtet haben.

Die acht Senioren sitzen um einen großen Tisch. An der Decke hängt eine Art Beamer, den Jenny Dossinger, Mitarbeiterin im Sozialdienst, mit einer Fernbedienung steuert. Dieser Beamer projiziert Animationen auf einen Tisch. Die Bilder reagieren auf kleinste Bewegungen der Spieler. „Tovertafel“ heißt das System. Das kommt aus dem Niederländischen und bedeutet „Zaubertisch“. Das trifft es genau: Wie von Zauberhand beginnen Blüten zu wachsen, wenn die Spieler auf der Tischplatte über sie streichen. Bald ist alles mit Rosen, Gänseblümchen und Gerbera bedeckt. Nur was ist das blaue Blümchen? Die Spieler rätseln ein bisschen. „Ach nennen wir es blaue Herbstblume“, schlägt eine Seniorin vor und alle lachen. Es könnte auch ein Enzian sein, vermutet ein anderer und stimmt „Ja so blau, blau, blau blüht der Enzian“ an. Das zeigt schon, worauf es bei der Tovertafel ankommt. Die Spieler werden auf mehreren Ebenen aktiviert: körperlich, denn sie müssen mit den Händen auf der Tischplatte Aufgaben erfüllen, aber auch geistig. Zusammen mit Jenny Dossinger und Jana Herbert, der Leiterin der sozialen Betreuung, kommen sie ins Gespräch über das, was da auf der Tischplatte vor ihren Augen passiert. Dabei werden Erinnerungen an früher wach und immer wieder fällt den Spielenden ein passendes Lied zum Thema ein. Dann wird schon mal eine Gesangsrunde eingelegt.


Alle Spiele hat die Seniorengruppe am Tisch noch gar nicht ausprobiert, denn die Auswahl ist groß. Die 30 Spiele sind in fünf Niveaustufen eingeteilt, so dass für jede Gruppe das passende dabei ist. Manche lassen sich besser in einer Gruppe spielen, andere sind besser für zwei Spieler. Auch Bewohner, die an Demenz er-krankt sind, werden durch die Spiele aktiviert, hat Tanja Gloger beobachtet. Die angehende Sozialarbeiterin verbringt gerade ihr Praxissemester im Altenzentrum und spielt mit den Bewohnern regelmäßig an der Tovertafel. Manche Spiele sind etwas beschaulicher: Da wird zum Beispiel Silberbesteck durch Reiben über die entsprechende Projektion poliert oder mit weit ausladenden Bewegungen Laub zusammengekehrt. Werden Noten, die in einem Band über dem Tisch zu schweben scheinen, berührt, erklingt ein Lied. Bei anderen Spielen kommt es auf die Schnelligkeit an: Wenn ein Maulwurf den Kopf aus einem der vielen Löcher steckt, müssen die Spieler ihn schnell berühren. Das gibt Punkte und bringt die Senioren in Bewegung. Ganz schön schwer ist es, Bauwerke zu erraten, die sich Stück für Stück aus Puzzleteilen zusammensetzen, doch die Senioren sind fit. „Das kenn ich, das sind die Bremer Stadtmusikanten. Da hat meine Oma gewohnt“, ruft ein Bewohner, als die Skulptur auf der Tischplatte erscheint. Je weiter die Spielerunde voranschreitet, desto diskutierfreudiger werden die Bewohner. Da wird schon mal in Frage gestellt, ob das auf dem Tisch jetzt ein Elefant oder eine Elefantin ist, denn so eindeutig könne man das nicht erkennen. Aber dass man die armen Tiere wegen des Elfenbeins tötet, ist eine Schande, stellen sie fest. Beim virtuellen Gärtnern auf der Tischplatte schweifen die Bewohner vom Säen und Ernten etwas ab und philosophieren über die Verträglichkeit von Radieschen-Salat. Spaß haben an diesem Nachmittag alle.


„Wir sind wirklich froh und dankbar, dass wir die Tovertafel bekommen haben“, sagt Jenny Dossinger. Möglich macht das eine großzügige Spende der Dietmar-Hopp-Stiftung, die 100 Tovertafel-Pakete an Senioreneinrichtungen in der Region überreicht hat. Die Effekte der Tovertafel sind auch wissenschaftlich belegt. Die Idee entstand 2015 im Rahmen einer Doktorarbeit in den Niederlanden. Seitdem werden regelmäßig wissenschaftliche Studien zu Menschen mit Demenz, zu ihrer Pflegeumgebung zur Wirkung der Tovertafel durchgeführt. Doch die Mitarbeiterinnen der Sozialen Betreuung brauchen eigentlich keine Studien, sie sehen selbst jedes Mal, wie sehr die Bewohner davon profitieren.

 

Text und Foto: Dr. Christine Kraus für den Caritasverband für die Diözese Speyer
Bildunterschrift: Die Tovertafel projiziert Bilder auf die Tischplatte und ist interaktiv: Wenn die SeniorInnen die Bilder berühren, bewegen sie sich. Das hat einen großen Aufforderungscharakter und macht viel Spaß.