Caritasverband für die Diözese Speyer
Nikolaus-von-Weis-Straße 6
67346 Speyer
Telefon: 06232 / 209-0
info@caritas-speyer.de
Am 13. September 2024 fand die jährliche Vertreterversammlung des Caritasverbandes für die Diözese Speyer e.V. statt. Vorstand und Caritasrat berichteten über das Geschäftsjahr 2023 und wurden einstimmig vom höchsten Gremium des Verbandes entlastet. Tenor aller Berichte: wir durchleben gerade schwierige Zeiten.
Generalvikar Markus Magin erinnerte in seinem Grußwort an eine Frau, die auch in schwierigen Zeiten lebte und viel bewegte: die Heilige Makrina. Diese habe im 4. Jahrhundert ein Kloster gegründet, in dem es Brüder und Schwestern gab, nicht wie damals üblich Herrinnen und Sklavinnen. Mit ihrem caritativen Wirken habe sie die Liebe Gottes erfahrbar gemacht, sei aber auch angeeckt. Position zu beziehen bei Ungerechtigkeit, das gehöre zum caritativen Handeln genauso dazu wie sich seiner Wurzeln im Glauben zu vergewissern, so Magin – damals wie heute.
Schwieriges Jahr 2023 mit vielen Herausforderungen
Vinzenz du Bellier, Vorstandsvorsitzender des Caritasverbandes, ging in seinem Bericht auf die aktuellen Herausforderungen ein: rund 1000 Pflegeeinrichtungen mussten 2023 in Deutschland schließen oder gingen in die Insolvenz. Dies sei ein dramatischer Anstieg und wichtig für das Verständnis, in welchem Umfeld sich die Caritas bewege.
Im Caritasverband bereitet der dramatische Rückgang an Kirchensteuermitteln Sorgen. 1,17 Millionen Euro weniger als 2022 hatte die Caritas Speyer 2023 zur Verfügung. Mit Einnahmen aus Kirchensteuer werden vor allem die Beratungsangebote der Caritas-Zentren, die Förderschulen oder die spitzenverbandliche Arbeit der Zentrale finanziert. So schnell können Kosten nicht gesenkt oder alternative Finanzierungen generiert werden, so du Bellier.
Auch der Immobilienbereich sei herausfordernd geworden durch die massive Steigerung der Baukosten wie auch der Zinsen. Hinzu kommen die weiter steigenden Auflagen. Dies habe aktuell dazu geführt, dass man schweren Herzens die Schließung des Altbaus des Caritas-Altenzentrums St. Bonifatius in Limburgerhof zum 30. Juni 2025 beschlossen habe.
In der Caritas Betriebsträgergesellschaft, in der die Einrichtungen der Jugend-, Behinderten-, Alten- und Wohnungslosenhilfe gebündelt wurden, gebe es aktuell ein einziges zentrales Problem: Personalmangel. 2023 habe man diesen mit Leiharbeit überbrückt und die Belegung der Einrichtungen nicht heruntergefahren. Die Folge waren Ausgaben für Leasing von 5,4 Millionen Euro – dies sei der Hauptgrund für den negativen Jahresabschluss der GmbH. „Derzeit wird mit einem Bündel von Maßnahmen gegengesteuert: vom Aufbau von internen Springerpools über die Ausweitung der Personalmarketingaktivitäten bis zum vermehrten Einsatz ausländischer Fachkräfte und eben dem Rückbau von Plätzen“, so du Bellier.
Über positive Entwicklungen konnte der Caritasdirektor bei den Caritas Diensten Mobil berichten, dem ambulanten Pflegedienst der Caritas. „Es ist uns gelungen, die Erträge wieder deutlich zu steigern und in wenigen Wochen werden wir in Speyer eine zweite Tagespflege der Caritas eröffnen.“ Dennoch war das Jahr 2023 auch hier von Personalmangel, einem hohen Krankenstand und den Folgen der Corona-Pandemie geprägt. Als einziger Unternehmensteil habe die CS-Gruppe mit ihren Servicedienstleistungen in den Bereichen Kochen, Reinigen und Hausmeisterdienste das Jahr 2023 nach Plan positiv abgeschlossen. „2023 war das schwierigste Jahr seit ich vor 15 Jahren Caritasdirektor geworden bin“, so du Bellier. Er habe aber die Zuversicht, dass mit den eingeleiteten Maßnahmen die Trendwende zu schaffen sei.
Auch in schwierigen Zeiten sind wir für Menschen in Not da
Diözesan-Caritasdirektorin Barbara Aßmann legte in ihrem Bericht dar, dass der Caritasverband auch und gerade in schwierigen Zeiten für Menschen in Not da sei! Im Durchschnitt sind bei jedem der acht Caritas-Zentren inzwischen 127 wohnungslose Menschen postalisch gemeldet: für immer mehr Menschen sind die Zentren also die Postadresse! Dies sei ein Beleg für die Zunahme von Wohnungslosigkeit. Im Ansatz „Housing first“ sieht die Caritas einen wichtigen Ansatz, den sie derzeit in Landau verfolgt. Zielsetzung ist es, Wohnraumverlust zu vermeiden oder neuen Wohnraum zu beschaffen.
Aßmann führte weiter aus, wie die Caritas mit ihren Quartiersprojekten neue Wege gehe, um Armut und Vereinsamung zu bekämpfen und Zusammenleben in Wohnvierteln zu verbessern. Auch die Digitalisierung der Beratungsangebote werde konsequent weiterentwickelt – dazu wurde eine moderne Software für Terminvereinbarungen eingeführt und die Online-Beratung weiter ausgebaut.
Zähes Ringen zu Lasten der Leistungserbringer
„Die Caritas kann nur dann Menschen professionell helfen, wenn durch die Politik passende Rahmenbedingungen geschaffen werden“, so Aßmann weiter. Sie gab einen Überblick über die Vielzahl der laufenden Gesetzgebungsverfahren – von der Krankenhaus-Reform über die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in der Eingliederungshilfe bis zur Umsetzung der Förderung der Kindertagesstätten. Durchgängig stehen die fachlichen Standards im Konflikt mit der Finanznot von Kommunen, Ländern und Bund und dem Personalmangel. Für die Leistungserbringer ist das ein Kraftakt: das Ringen um Lösungen dauert lange und in der Zwischenzeit steigen die Kosten ohne dass es eine Refinanzierung gebe. Aßmann warnte: „Der Verwaltungsaufwand wird allen Rufen zum Bürokratieabbau zum Trotz immer größer.“ Und weiter: „Wir müssen der Politik deutlich machen, welche konkreten Auswirkungen die im Bundeshaushalt 2025 geplanten Sparmaßnahmen haben werden.“
Die Caritas wird ihre Stimme weiter erheben, so wie sie im vergangenen Jahr auch klar Position für Demokratie und Menschenwürde und gegen Ausgrenzung und Rechtsextremismus bezog. Aßmann weiter: „Unser Kreuz ist bunt, steht für Vielfalt und Toleranz und macht deutlich, was uns leitet: Die Botschaft von Jesus.“
Berichte des Caritasrats und des Wirtschaftsprüfers
Die Ausführungen des Vorstands wurden durch den stellvertretenden Vorsitzenden des Caritasrats, Dekan Jörg Rubeck, gestützt und durch Wirtschaftsprüfer Dirk Riesenbeck-Müller von der Solidaris mit Zahlen unterlegt. Rubeck stellte klar, dass der Caritas schwierige Jahre bevorstehen und teilweise schmerzhafte Entscheidungen getroffen werden müssten. Aber gerade jetzt müsste die Caritas nah bei den Menschen sein und so den Auftrag aus dem Evangelium lebendig halten.
Riesenbeck-Müller konnte der Vertreterversammlung anschaulich die finanziellen Veränderungen im Vergleich zum Vorjahr erläutern. Er betonte, dass die Caritas weiterhin Risikovorsorge auf hohem Niveau praktiziere und so weiterhin ein uneingeschränkter Bestätigungsvermerk erteilt werden konnte. Auf dieser Grundlage wurde von der Versammlung das Jahresergebnis festgestellt sowie Vorstand wie Caritasrat mit der einstimmigen Entlastung das Vertrauen ausgesprochen.
Was ist eine Vertreterversammlung und welche Aufgaben erfüllt sie?
Die Vertreterversammlung ist das höchste Gremium des Caritasverbandes für die Diözese Speyer. Die Versammlung setzt sich aus den Mitgliedern des Caritasverbandes zusammen: das sind die Kirchengemeinden im Bistum Speyer sowie die im Bistum tätigen Ordensgemeinschaften und kirchlich-caritativen Rechtsträger. Zu ihren Aufgaben gehören die Genehmigung des Jahresabschlusses oder die Beschlussfassung über Satzungsänderungen.