Caritasverband für die Diözese Speyer
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24. März 2023

“Ich werde mir lebenslang Vorwürfe machen“ 

Ausstellung macht auf die Risiken von Alkoholkonsum in der Schwangerschaft aufmerksam 

 

Rund 10.000 Babys kommen in Deutschland jedes Jahr mit einer Behinderung zur Welt, die die Folge von Alkoholkonsum der Mutter während der Schwangerschaft ist. Diese Zahl schätzt das Bundesministerium für Gesundheit. Die Behinderung nennt sich „Fetale Alkoholspektrum-Störung FASD“ und beeinträchtigt die betroffenen Kinder ihr Leben lang. FASD zählt zu den häufigsten angeborenen Behinderungen in Deutschland. Um auf die Risiken von FASD aufmerksam zu machen, war von Montag bis Freitag diese Woche die Ausstellung „Zero“ in Landau zu sehen.

 

Das Caritas-Zentrum Landau buchte in Kooperation mit der Integrierten Gesamt-schule IGS Landau und mit Unterstützung der bischöflichen Stiftung für Mutter und Kind des Bistums Speyer die „Zero-Ausstellung“ vom 20. bis 23. März. Ziel der Ausstellung ist es, durch drei interaktive Stationen Besucher dafür zu sensibilisieren, welche Folgen Alkoholkonsum in der Schwangerschaft hat. Die Ausstellung wurde vom FASD-Netzwerk Nordbayern erstellt und ist auch für Schulklassen geeignet. 

 

Zum Auftakt am Montag, 20. März, mit rund 60 Gästen im Theatersaal der Integrierten Gesamtschule Landau IGS sprachen der Landauer Oberbürgermeister Dr. Dominik Geißler und der erste Kreisbeigeordnete Georg Kern Grußworte. Danach gab es eine Gesprächsrunde, bei der eine betroffene Mutter über ihr Leben und das ihrer Kinder mit FASD sehr offen sprach. „Ich will zur Aufklärung über das Thema beitragen, weil ich selbst suchtkrank war und während meiner Schwangerschaften getrunken habe“, berichtete die Mutter. „Ich wusste damals nichts über die Folgen von Alkoholkonsum in der Schwangerschaft.“ Sie erzählte, dass sie seit nunmehr zehn Jahren trocken sei. Ihre beiden Kinder, heute elf und zwölf Jahre alt, leben in einer Pflegefamilie. Beide haben FASD. „Es war ein harter Kampf, bis ich die Gesamtsituation akzeptieren konnte“, berichtete die Mutter. „Es sind lebenslange Konsequenzen, die ich zu tragen habe, das kann sich keiner vorstellen, wie das quälen kann. Ich werde mir lebenslang Vorwürfe machen. Gleichzeitig bin ich aber auch sehr stolz, die beiden zu haben.“

 

„Kinder und Jugendliche mit FASD sind häufig impulsiv, können kaum aus Fehlern lernen, zeigen massive Verhaltensbeeinträchtigungen und haben oft Lernschwierigkeiten“, berichtete bei einem Fachvortrag Katrin Lepke. Sie ist zertifizierte Trauma-Pädagogin und Vorstandsmitglied beim eingetragenen Verein FASD Deutschland und selbst Mutter eines Adoptivkindes und zweier Pflegekinder mit FASD. Sie vermittelt aus erster Hand Wissen zum Thema FASD. „Bewährte Erziehungs- und Umgangsstrategien scheinen nicht zu greifen und stellen die Bezugspersonen vor große Herausforderungen. Um Kindern und Jugendlichen gerecht zu werden und einen Alltag ohne permanente Überforderung und Frustration zu ermöglichen, ist es notwendig, sich umfassend zu informieren“, so Lepke.

 

Die Ausstellung war zu sehen in den Räumen der IGs und wurde von vielen Schulklassen besucht. Dabei tauchte bei den Schüler*innen während der ganzen Woche immer wieder die Frage auf, ob Alkohol auch am Anfang der Schwangerschaft schädlich sei. Die klare Ansage von Annette Hauer, einer zertifizierten FASD-Fachkraft und Pflegemutter von zwei Kindern mit FASD, bei einem Vortrag: „Alkohol ist pures Gift für Ungeborene und kann die Entwicklung des Babys in tragischer Weise beeinflussen – in den ersten Monaten ganz genauso wie in der ganzen Schwangerschaft.“ So lautete das Resümee eines 14-jährigen Besuchers der Ausstellung auch: „Kein Schluck Alkohol in der Schwangerschaft– auch nicht für die Männer.“

 

Text und Fotos: Elisabeth Traunmüller für den Caritasverband für die Diözese Speyer
Bildunterschrift: 
Rund 60 Gäste kamen zur Ausstellungseröffnung mit einer Gesprächsrunde, bei der eine betroffene Mutter von ihrem Umgang mit der Behinderung ihrer Kinder berichtete.

 

Anja Vocke (li.), Fachkraft im Bereich Schwangerschaftsberatung des Caritas-Zentrums Landau und Julia Kramm, Fachkraft im Bereich Ehe-, Erziehungs- und Lebensberatung des Caritas-Zentrums Landau, nahmen an der Gesprächsrunde zum Ausstellungsauftakt teil. 

 

Sybille Slater, Fachkraft der Suchtberatung Haus der Diakonie Landau, Anja Vocke, Fachkraft im Bereich Schwangerschaftsberatung des Caritas-Zentrums Landau und Julia Kramm, Fachkraft im Bereich Ehe-, Erziehungs- und Lebensberatung des Caritas-Zentrums Landau, nahmen an der Gesprächsrunde zur Ausstellungseröffnung teil.