Caritasverband für die Diözese Speyer
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Der Caritasverband für die Diözese Speyer zeichnet die „Pflasterstube“ in Kaiserslautern mit dem Nardini-Preis 2023 aus.
Wohnungslos, ohne Krankenversicherung – wer in einer solchen Situation medizinische Versorgung braucht, hat oft schlechte Karten. Diesen Menschen hilft die „Pflasterstube“ in Kaiserslautern, eine Initiative der Pfarrei Heiliger Martin in Kooperation mit dem Malteser Hilfsdienst. Seit 2012 bietet sie einmal im Monat kostenlos medizinische Hilfe, eine warme Mahlzeit und Seelsorge inklusive – als Pflaster, nicht nur für den Körper. Dieses humanitäre Engagement würdigt der Caritasverband für die Diözese Speyer nun mit dem Nardini-Preis 2023, den der Caritasverband für die Diözese Speyer jährlich auslobt. Er wird in Form einer Urkunde verliehen und ist mit 1000 Euro dotiert.
„Die Idee der Pflasterstube ist uns bei einem Grillfest der Gemeinde für Wohnsitzlose gekommen. Da war eine alkoholkranke Frau dabei, die sich bei einem Sturz verletzt hatte. Ihr Verband musste dringend gewechselt werden. Das hat dann ein Sanitäter des Malteser Hilfsdienstes, der vor Ort war, übernommen“, blickt Pfarrer Andreas Keller von der Pfarrei Heiliger Martin zurück. „Wir haben ermittelt, dass der Bedarf groß ist. Es gibt viele Menschen, die keine Krankenversicherung haben, auch wenn sie nicht obdachlos sind. Ihnen wollten wir helfen.“
Dann begann eine Suche nach Ehrenamtlichen, die sich an der Initiative beteiligen. Die Suche war erfolgreich. Heute engagieren sich etwa 30 Helfer und Helferinnen in der „Pflasterstube“, darunter Ärzte verschiedener Fachrichtungen. Auch vier Krankenschwestern gehören zum medizinischen Team. Eine davon ist Beatrix Schwarz. „Viele, die obdachlos sind oder keine Krankenversicherung haben, scheuen sich, zum Arzt zu gehen. Sie brauchen einen Impuls, um die Hemmschwelle zu überwinden.“ Den gibt die „Pflasterstube“, die einen Treffpunkt bietet und mit der Aussicht auf ein warmes Essen lockt. „Wir versuchen, immer etwas Leckeres zuzubereiten“, sagt Ursula Mayer, die die Küchenleitung innehat. „Es gibt Schnitzel, Spaghetti, Hackbraten, mal einen Auflauf oder Eintopf. Im Sommer wird auch gegrillt“, berichtet Mayer. „Zu Weihnachten lassen wir uns etwas Besonders einfallen, servieren zum Beispiel Braten mit Rotkohl und Knödeln. Die Landfrauen von der Sickinger Höhe spendieren schon mal Hoorische. Die sind sehr beliebt.“
Zwischen 40 und 80 Personen nehmen das Essensangebot wahr. „Wenn etwas übrig bleibt, geben wir die Reste mit. Darum ist so manch einer froh, denn gerade am Ende des Monats ist das Geld knapp.“ Aus diesem Grund habe man die „Pflasterstube“ auch vom ersten Samstag im Monat, auf den letzten verlegt, so Pfarrer Keller. „Früher hat sie ganzjährig in einem Zelt stattgefunden. Aber der Auf- und Abbau des Zelts war auf Dauer zu aufwändig. Jetzt sind wir nur bei gutem Wetter im Freien und ansonsten im Pfarrzentrum.“
Auch wer starke akute Beschwerden hat, wird nicht im Stich gelassen. Dafür sorgt eine Notfallnummer auf der Website der Pfarrei. „In neunzig Prozent der Fälle handelt es sich um Zahnschmerzen. Jemand von uns begleitet dann die Betroffenen in eine Zahnarztpraxis. Hat der oder diejenige keine Krankenversicherung, wird eine Privatrechnung ausgestellt, die wir übernehmen“, sagt Keller. „Daneben versorgen wir die Menschen auch mit Hygieneartikeln und Medikamenten. Die Medikamente werden Großteils von Menschen mit chronischen Erkrankungen benötigt. Dafür müssen wir zum Teil 900 Euro im Monat aufwenden. Deshalb sind wir für jede Spende dankbar.“ Angeschlossen an die „Pflasterstube“ sei auch ein Beratungsdienst, der bei der Wiederaufnahme in die Krankenversicherung behilflich ist. „Wir würden gern eine Clearingstelle Krankenversicherung, wie sie zum Beispiel der Caritasverband Koblenz hat, auch nach Kaiserslautern holen und sie hier im Caritas-Zentrum unterbringen“, sagt Pfarrer Keller, „denn wir arbeiten gut mit der Caritas zusammen“.
Die Kooperation mit dem Malteser Hilfswerk sei wichtig für die Initiative, gerade im Hinblick auf die medizinische Hilfe. „Sie bedeutet eine Absicherung der Ärzte und Krankenschwestern, außerdem können wir uns über die medizinische Organisation austauschen.“
Die Gesamtorganisation der „Pflasterstube“ liegt in den Händen von Pfarrsekretärin Christel Mayer. Bei ihr laufen die Fäden zusammen. „Jeder unserer Ehrenamtlichen hat ein bestimmtes Aufgabengebiet und muss entsprechend eingeteilt werden. Manche waren schon als Firmlinge dabei, sind jetzt im Studium, unterstützen aber immer noch, wenn es ihnen zeitlich möglich ist.“
Für sie alle sei der Nardini-Preis eine Wertschätzung und Anerkennung ihrer Arbeit“, sagt Andreas Keller. „Und er rückt in den Blick, dass mehr Menschen keine Krankenversicherung haben, als die meisten glauben.“
Informationen zum Nardini-Preis
Der Caritasverband für die Diözese Speyer hat 2010 den Nardini-Preis zum ersten Mal vergeben. Der Preis würdigt das Engagement ehrenamtlich tätiger Gruppen, die in ihrer Pfarrgemeinde oder in Zusammenarbeit mit kirchlich-caritativen Einrichtungen neue Wege gehen, um Menschen in Not zu helfen. „Das Lebenswerk und Glaubenszeugnis des Seligen Paul Josef Nardini sind auch für Christen von heute Vorbild und Ansporn“, erklärt die Caritasdirektorin Barbara Aßmann. Ehrenamtlich tätige Gruppen sollen ermutigt werden, sich in der Caritasarbeit der Diözese Speyer zu engagieren, und dafür neue Impulse erhalten. Die Verleihung erfolgt beim jährlich stattfindenden Caritas-Tag der ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zum Fest der Heiligen Elisabeth. Vorgeschlagen werden können ehrenamtlich tätige Gruppen. Der Preisträger wird immer zum 22. Oktober verkündet, dem Tag der Seligsprechung von Paul Josef Nardini.
Die Jury
Der Preisträger wird von einer Jury ausgewählt. Diese besteht aus Sr. Roswitha Schmid (Oberin der Mallersdorfer Schwestern im Nardinihaus Pirmasens), Barbara Aßmann (Caritasdirektorin für die Diözese Speyer, DiCV), Hubert Mathes (Chefredakteur der Kirchenzeitung „Der Pilger“), Melanie Müller von Klingspor (Pressesprecherin des DiCV Speyer), Christine Stolle (Mitglied im Vorstand des Caritas Forum-Ehrenamt) und Stefanie Horn-Wolniewicz (Referentin für Gemeindecaritas und Engagementförderung im DiCV Speyer).
Text: Friederike Jung
Fotos: view
Bildunterschrift:
1_Ehrenamtliche Krankenpflegerinnen und Ärzt*innen versorgen die Besucher der Pflasterstube medizinisch.
2_ Ehrenamtliche Krankenpflegerinnen und Ärzt*innen versorgen die Besucher der Pflasterstube medizinisch.
3_Ehrenamtliche Helfer*innen kochen für die Besucher der Pflasterstube ein warmes Mittagessen und geben es aus. Das Essen erleichtert den Zugang zu den Menschen ohne Krankenversicherung.
4_Pfarrer Andreas Keller (mit der orangenen Weste) setzt sich zu den Gästen dazu, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen und zu erfahren, welche Sorgen und Nöte sie haben.
5_Nicht immer kommen die Gäste wegen der medizinischen Versorgung. Oft ist auch am Ende des Monats das Geld knapp bei Familien. Auch sie bekommen in der Pflasterstube ein Mittagessen.
6_Zwischen 40 und 80 Personen nehmen das Essensangebot an. Nicht alle haben auch ein medizinisches Problem. Sie nutzen das Essen auch als Ort des Austauschs mit anderen Gästen.