Caritasverband für die Diözese Speyer
Nikolaus-von-Weis-Straße 6
67346 Speyer

Telefon: 06232 / 209-0
info@caritas-speyer.de

18. Juli 2023

„Ihre Einrichtungen geben der Welt ein menschenfreundliches Gesicht“

Träger katholischer Einrichtungen und Dienste beraten über aktuelle Herausforderungen


“Ich danke Ihnen dafür, dass Sie alle gekommen sind, denn Sie tragen mit der Arbeit in Ihren Einrichtungen dazu bei, der Welt ein menschenfreundliches Gesicht zu geben.“ Diesen Dank richtete der Generalvikar des Bistums Speyer, Markus Magin, an die 17 Vertreterinnen und Vertreter der kirchlich-caritativen Einrichtungen in der Diözese Speyer. Diese waren der Einladung zur so genannten Rechtsträgertagung am Dienstag in die Zentrale des Caritasverbandes in Speyer gefolgt. 


Im Bistum Speyer gibt es 546 Einrichtungen und Dienste katholischer Träger mit insgesamt 16.300 Mitarbeitenden. Diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der kirchlich-caritativen Dienste arbeiten mit und für rund 30.300 KundInnen sowohl im voll- als auch im teilstationären Bereich. Hinzu kommen rund 100.000 KundInnen im ambulanten Be-reich und der Beratung. Diese katholischen Einrichtungen und Dienste werden spitzenverbandlich vertreten vom Caritasverband für die Diözese Speyer. Um alle die Rechtsträger über die politisch und gesellschaftlich relevanten Themen auf dem Laufenden zu halten, lädt der Caritasverband einmal im Jahr ein zu einer Tagung. 
 

„Mittlerweile ist das ja wie ein katholischen Familientreffen“, freute sich der Vorsitzende des Caritasverbandes, Vinzenz du Bellier. „War anfangs das Interesse der Rechtsträger an den Einladungen noch etwas verhalten, so folgen mittlerweile fast 90 Prozent der Träger unserer Einladung.“ 

Generalvikar Markus Magin informierte über den aktuellen Stand bei der Aufarbeitung der sexuellen Gewalt im Bistum Speyer. „Wir arbeiten mit großem Aufwand und viel Fachkompetenz daran, leider wird das von außen kaum wahrgenommen“, bedauerte er. „Mittlerweile sind bei uns die Präventionsschulungen für haupt- und ehrenamtliche Mitarbeitende durchgängig verpflichtend. Da sind wir weiter, als manch andere Träger oder Vereine.“ Wichtig sei nicht nur die juristische Aufarbeitung, sondern auch der systemische Blick: „Wie reagieren gesellschaftliche Systeme auf Missbrauchsvorwürfe? Ich habe den klugen Satz gelesen ,Was ich nicht denken kann, kann ich auch nicht sehen‘‘, zitierte er. Zu dem Umgang damit gehörten auch die aktuellen gesellschaftlichen Debatten über die Namen öffentlicher Plätze und Straßen und den Umgang mit Gräbern von Missbrauchstätern. „Manche sagen, wenn man die Namen der Täter ausradiert, indem man Straßen und Plätze umbenennt, radiert man auch das Gedenken an die Opfer aus. Diese Diskussionen müssen wir führen und uns anhören, was die Betroffenen sagen.“ 


Magin informierte die Träger auch über die Haushaltssituation des Bistums: „Wenn wir so weiter wirtschaften würden, wie bisher, wären wir ab dem Jahr 2029 ohne Rücklagen. Das können wir vermeiden, indem wir bis 2030 unseren Haushalt um 15 Prozent reduzieren. Das sind etwas mehr als 30 Millionen Euro. Und gleichzeitig müssen wir unsere Rücklagen auffüllen“, skizzierte er die Herausforderungen. „Für die Caritas bedeutet dies eine Reduzierung der Zuschüsse aus der Kirchensteuer von 9,4 auf 8 Prozent des Haushaltes.“ Dabei gehe es deutlich nicht mehr um das Aufgeben von Dingen, auf die man leicht verzichten könne. „Das wird uns wirklich weh tun“, blickte er in die Zukunft. Aber: „Wir müssen das tun, denn wir wollen, dass es die katholische Kirche in Speyer auch noch im Jahr 2040 und 2050 und darüber hinaus geben wird.“
 

Ein Thema, das die Rechtsträger als Vertreter ihrer 16.300 Mitarbeitenden ebenfalls betrifft, ist die im November 2022 in Kraft getretene neue Grundordnung des kirchlichen Dienstes. Wie Barbara Aßmann, die Direktorin des Caritasverbandes, in-formierte, legt die neue Grundordnung den Schwerpunkt nicht mehr auf die private Lebensführung der Mitarbeitenden, sondern auf den institutionellen Auftrag, den katholischen Einrichtungen ein christliches Profil zu verleihen. Der laut der neuen Grundordnung einzige Grund, Mitarbeitenden aufgrund privater Lebensentscheidungen das Beschäftigungsverhältnis zu kündigen, ist der Austritt aus der katholischen Kirche. Die einzige Ausnahme, die dann laut dem Willen der Deutschen Bischofskonferenz eine Kündigung verhindern könnte, sei die persönliche Betroffenheit von sexueller Gewalt. Dass diese Vorgabe in der Praxis nicht umsetzbar ist, darauf wiesen einige Trägervertreter hin, die wegen des Fachkräftemangels keinen Spielraum für solche Kündigungen sehen. Ob eine solche Kündigung juristisch überhaupt haltbar sei, werde sich demnächst zeigen. Darauf wies Dominik Limbach, Leiter der Personalverwaltung des Bischöflichen Ordinariates hin. „Derzeit sind beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zwei Verfahren anhängig, bei denen zwei kirchliche Arbeitnehmerinnen gegen ihre Kündigung wegen eines Kirchenaustritts klagen. Man wird sehen, wie das ausgeht.“


„Ein Thema, bei dem wir als Caritas uns eine andere Entscheidung gewünscht hätten, war der Ausgang der Abstimmung im Bundestag zum assistierten Suizid“, berichtete Caritasdirektorin Barbara Aßmann. „Wir bedauern, dass es weiterhin kein Gesetz zur Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes zum assistierten Suizid gibt. So müssen wir uns weiterhin durch intensiven Austausch mit unseren Beraterinnen für die Gesundheitliche Versorgungsplanung für die letzte Lebensphase (GVP) und unseren Ethikberaterinnen mit dem Thema auseinandersetzen.“ Es werde vom Deutschen Caritasverband aber in absehbarer Zeit eine Leitlinie zum Umgang mit dem Thema in katholischen Einrichtungen geben. 


Weitere Themen, über die der Caritasverband die Rechtsträger informiert hat, waren neue Gesetzeslagen und -vorgaben zur Nachhaltigkeit, zum so genannten Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und zum Hinweisgeberschutzgesetz. Außerdem gab es Informationen zu Tarifbeschlüssen der arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas, die die Beschlüsse zum TVÖD auf das Tarifwerk der Caritas, den AVR, anpasst.
 

Text und Foto: Melanie Müller von Klingspor / Justine Köhler
Bildunterschrift: 17 Vertreter der katholischen Träger von Einrichtungen und Diensten im Bistum Speyer waren der Einladung zur Rechtsträgertagung gefolgt.