Caritasverband für die Diözese Speyer
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Caritasverbandsvorsitzender Karl-Ludwig Hundemer berichtet auf Vertreterversammlung von aktuellen Herausforderungen - Vorstand und Caritasrat einstimmig entlastet
Rund 60 Vertreter*innen der Mitglieder des Caritasverbandes für die Diözese Speyer waren am Freitag, 23. September, der Einladung zur Vertreterversammlung in der Zentrale des Caritasverbandes gefolgt. Vorstand und Caritasrat wurden einstimmig entlastet. Die Versammlung stimmte zudem dem Jahresabschluss 2021 sowie drei Satzungsänderungen zu.
Zum ersten Mal war der neue Generalvikar, Markus Magin, Gast bei der Vertreterversammlung und sprach zu Beginn über das Verhältnis von Caritas und Staat. „Letzte Woche hat jemand gesagt, Caritas beginne da, wo der Staat aufhört“, erzählte Markus Magin. „Das ist aber nicht ganz richtig. Die Caritas gäbe es so, wie sie ist, ohne den Staat gar nicht, denn sie finanziert sich auch durch staatliche Unterstützung.“ Er sehe die beiden Institutionen als Partner. „Der Staat braucht die Kirche für seinen gemeinwohlorientierten Auftrag, und die Caritas braucht den Staat für ihren Auftrag, den sie von Jesus Christus bekommen hat.“ Aber er sagte auch: „Trotzdem darf Caritas nicht da aufhören, wie die staatliche Refinanzierung endet. Die Menschen brauchen die Caritas auch da, wo staatliche Unterstützung ihre Grenzen hat.“ Die Kirche müsse über diese Grenzen hinausgehen, um der Menschen und um Gottes Willen.
Die beiden Vorstände, der Caritasvorsitzende Karl-Ludwig Hundemer und der Caritasdirektor Vinzenz du Bellier, zeigten in ihrem Bericht vier Themenfelder auf, die in 2021 die Arbeit der Caritas in der Diözese Speyer geprägt haben: Besondere Herausforderungen dieser Zeit, sozialpolitische Schwerpunkte, kirchliche Problemstellungen und die verbandliche Entwicklung der Caritas.
„Zwei aktuelle Themen haben uns sehr herausgefordert und werden das auf absehbare Zeit auch weiterhin tun: Corona und der Krieg in der Ukraine“, sagte du Bellier. „2021 hatten wir 1091 an Corona erkrankte Mitarbeiter, 1019 Mitarbeiter waren in Quarantäne, 1160 Kundinnen und Kunden waren an Corona erkrankt, und 49 Kund*innen sind leider daran verstorben“, bilanzierte er. „Unsere Mitarbeitenden draußen in den Einrichtungen sind extrem belastet und arbeiten wirklich am Anschlag. Das wird uns auch weit bis in 2023 weiterverfolgen, und leider können wir dadurch nicht die Qualität der Arbeit am Bett leisten, die wir gerne leisten würden“.
Die Auswirkungen durch den Ukraine-Krieg und die damit einhergehende Inflation treffe den Verband hart. „Wir sehen die Teuerung in allen Bereichen: Energie, Strom, Nahrungs- und Pflegemittel. Gut für uns ist, dass wir beim Gas in unserem Vertrag mit dem Versorger eine Preisbindung bis Ende 2024 und beim Strom bis Ende 2023 verhandelt haben. Wenn die Gasumlage so kommt, wie bisher diskutiert, dann trifft uns das mit 345.000 Euro, die bisher noch ohne Refinanzierung sind."
Sozialpolitisch konnte der Caritasverband in 2021 in drei Bereichen wichtige Akzente setzen, berichtete Hundemer. „In der Kinder- und Jugendhilfe ist es gelungen, für beide Bundesländer, das Saarland und Rheinland-Pfalz, eine Caritas-Landesarbeitsgemeinschaft zu gründen.“ In der Flüchtlingshilfe habe sich ausgezahlt, dass die Caritas nach der Flüchtlingssituation in 2015 erfahren sei im Umgang mit größeren Flüchtlingszuzügen, wie es sie jetzt durch den Krieg in der Ukraine auch wieder gibt. „Wir haben unsere Task Force-Flüchtlingshilfe mit dem Malteser Hilfsdienst und dem Bischöflichen Ordinariat wiederbelebt und konnten die vielen spontanen Hilfsaktionen in den Pfarreien unterstützen.“
Ein weiteres herausforderndes Thema sei das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum assistieren Suizid. Hundemer sagte: „Wie gelingt es uns, das Selbstbestimmungsrecht des Menschen in Einklang zu bringen mit der Würde und Unverfügbarkeit jeglichen Lebens?“ Die Antwort sei einerseits eine gute hospizliche Versorgung, andererseits aber die Implementierung der „Gesundheitlichen Vorsorgeplanung in der letzte Lebensphase (GVP)“. „Dieses Projekt erleichtert Menschen am Ende ihres Lebens die Auseinandersetzung mit der Frage, wie sie ihre letzte Lebensphase und ihr Sterben gestalten wollen. Das Projekt wird von unseren Kunden sehr gut angenommen.“
Ein Ärgernis der Sozialpolitik sei die schleppende Entwicklung bei der Verhandlung des Rahmenvertrages zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes, sowohl für Über- als auch Unter-18-Jährige. Auch der Rahmenvertrag zum neuen Kita-Gesetz stehe noch aus, ebenso wie der Rahmenvertrag für die Wohnungslosenhilfe.
Ein weiteres Thema der Caritas ist die Entwicklung neuer Immobilien. Hier nannte du Bellier fünf Projekte, die zur Realisierung anstehen: Die Weiterentwicklung des Quartiers am Schwanenweiher in Schifferstadt, ein Ersatzneubau mit 24 Plätzen für Menschen mit psychischen Erkrankungen für das Caritas-Förderzentrum Edith Stein in Blieskastel, der Schulneubau der Förderschule in Herxheim des Caritas-Förderzentrums St. Laurentius und Paulus, ein größeres Bauprojekt für das Caritas-Förderzentrum St. Laurentius und Paulus in Landau mit einer neuen Küche, einem neuen Wohnheim mit 24 Plätzen für Menschen mit geistiger Behinderung und eine neue Tagesförderstätte, und zuletzt auch die Sanierung der Förderschule in Landau. Du Bellier zeigte auf, wie sich durch die Inflation sämtliche Baumaßnahmen in erheblichem Umfang verteuern werden.
Hundemer ging in seinem Bericht auch ein auf die Auswirkungen von leiblichem, seelischem und geistlichem Missbrauch in der Kirche auf die Mitarbeitenden der Caritas. „Es fand ein Gespräch über die notwendigen Reformen mit dem Bischof und dem damaligen Generalvikar statt, danach gab es vier Videokonferenzen für alle Mitarbeitenden im Caritasverband mit der Gelegenheit zum Austausch über Irritationen, Ärgernisse und Ängste.“ Außerdem erklärte er dass derzeit ein deutlich veränderter Entwurf der kirchlichen Grundordnung vorliege, der statt der Loyalitätsanforderungen an die persönliche Lebensführung der Mitarbeitenden die institutionelle Loyalität der Einrichtungen in den Vordergrund rücke. Dazu stehe in den kommenden zwei Jahren für alle Führungskräfte des Verbandes ein Kurs an zum Thema „Christliches Profil und institutionelle Loyalität im Caritasverband.“
Zu Neuerungen im Deutschen Caritasverband (DCV) verwies Hundemer darauf, dass nach dem Ruhestand des ehemaligen Präsidenten, Prälat Dr. Peter Neher, mit Eva-Maria Welskopp-Deffaa erstmals eine Frau zur Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes gewählt worden sei und ihr mit Steffen Feldmann ein neuer Personal- und Finanzvorstand zur Seite steht. „Der DCV feiert in diesem Jahr sein 125-jähriges Bestehen, und wie feiern mit unserer Woche der Caritas mit“, so Hundemer, der auf den Caritas-Tourbus verwies, der in der Woche vom 18. bis 25. September durchs Bistum fährt.
Theo Wieder, der Vorsitzende des Caritasrates, ging in seinem Bericht ein auf das Wort „Zeitenwende“. „Nichts ist mehr, wie es war. Es stehen uns schwierige Zeiten bevor. Deshalb geht es um die Frage, wer den Menschen in diesen Zeiten Ressourcen anzubieten an und ihnen in Lebenskrisen beisteht“, so Wieder. „Caritas muss gerade jetzt verlässlich sein und den Geist Gottes erfahrbar machen““, sagte er. Für ihn sei klar: „Die Sache Jesu braucht Begeisterte, sein Geist sucht sie auch unter uns“, zitierte er ein neues geistliches Lied. Dafür brauche es in der Kirche mutige Reformen. „Die Caritas ist aber ihrer Aufgabe bisher gerecht geworden, ihre Mitarbeitenden nehmen diesen Auftrag an und leisten täglich ihren Beitrag dazu.“ Der Caritasrat als Aufsichtsrat habe die Arbeit der Caritas stets kritisch-konstruktiv begleitet. Er habe alles angeschaut, über vieles diskutiert, vieles hinterfragt und geprüft. Wieder wies darauf hin, dass dies die letzte Vertreterversammlung mit Karl-Ludwig Hundemer sei und dankte ihm für seinen Einsatz. „In Verhandlungen sagt man ihm nach, er sei ein harter Knochen, und genau das muss man in dieser Position auch sein. Er hat diesen Verband zu einem der modernsten in Deutschland gemacht und dafür gebührt ihm unser Dank.“
Der Bericht des Wirtschaftsprüfers der Solidaris, Dirk Riesenbeck-Müller, fiel positiv aus. „Alle gesetzlich geforderten Rückstellungen wurden gebildet. Die Liquidität ist in einem Rahmen über das gesetzlich geforderte Maß hinaus vorhanden.“ Der Caritasrat empfahl der Vertreterversammlung die Feststellung des Jahresabschlusses. Die Versammlung stimmte dem einstimmig zu. Auch der Vorstand und der Caritasrat wurden einstimmig entlastet.
Text und Fotos: Melanie Müller von Klingspor für den Caritasverband für die Diözese Speyer
Bildunterschrift:
Vinzenz du Bellier
Theo Wieder
Karl-Ludwig Hundemer
Entlastung des Vorstandes